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16.11.2015 11:48

#New Vetsuisse/MNF double Professor: Veterinärmolekularbiologe Michael O. Hottiger

Michael O. Hottiger wusste seit seiner Gymi-Zeit, dass er in einem Labor forschen will. Doch er wollte eine Fallback-Position haben, falls es mit der akademischen Karriere nicht klappen sollte. Aus diesem Grund studierte und promovierte er gleich in zwei Fächern: Veterinärmedizin und Molekularbiologie.


Professor Michael O. Hottiger an seinem liebsten Ort - seinem Labor.

«Ich will wissen, was in der Blackbox steckt.» Prof. Dr. Michael O. Hottiger

Sie haben ein Veterinärmedizinstudium plus Dissertation und ein Zweitstudium in Molekularbiologie inklusive Diss: Wie kommt man dazu, zwei Fächer zu studieren und zwei Dissertationen zu schreiben?

Michael O. Hottiger (MOH): Für mich war schon im Gymnasium klar, dass ich «gütterle*», d.h. im Labor forschen, wollte. Nicht sicher war ich mir nach der Matura über die Fächerwahl: Ich schwankte zwischen Molekularbiologie, Biologie oder Chemie. Ein Chemie-Professor gab mir den Impuls, in Alternativszenarien zu denken, also «welche Optionen ich nach dem Studium hätte, falls es dort aus irgendeinem Grund nicht weitergehen würde». Ich begann also auch Humanmedizin und Veterinärmedizin in Betracht zu ziehen. Ich entschied mich für die Veterinärmedizin, weil das Studium ein Jahr kürzer ist.»

Und wie kam die Molekularbiologie dazu?

MOH: Das war schon während des Vet-Studiums. Anstatt in die Ferien zu fahren, stand ich bei Ulrich Hübscher, Professor für Veterinärbiochemie, im Labor und tat das, was mich am stärksten faszinierte: «gütterle*»! Nach Abschluss meiner Diss in der Tiermedizin begann ich mit dem Studium der Molekularbiologie und forschte schon für meine zweite Doktorarbeit (im Rahmen des MD/PhD Programms; MNF Fakultätsverantwortlicher war Walter Schaffner, Professor für Molekularbiologie). Das führte zur damals ausgewöhnlichen Situation, dass ich wenige Wochen nach der Diplomprüfung bereits meine Doktorarbeit verteidigen musste.

Waren Sie von zu Hause aus auf Naturwissenschaft vorgespurt oder hatten Sie besonders tolle Lehrer in den naturwissenschaftlichen Fächern?

MOH: Weder noch. Ich war einfach schon als Kind neugierig und brachte Regenwürmer nach Hause. Aber das machen ja viele Kinder. Allerdings konnte ich als Gymnasiast nicht verstehen, wie man ein Medikament quasi als eine Art Blackbox schlucken kann, ohne oder mit nur wenig Ahnung von seiner molekularen Wirkungsweise. Mich hat diese Blackbox, bzw. ihr Inhalt seit der Gymi-Zeit fasziniert. Ich will wissen, was darin steckt, respektive welche Mechanismen durch Medikamente reguliert werden.

Ihr Thema sind die molekularen Mechanismen von Entzündungsprozessen. Entzündungsprozesse werden heute als Auswirkungen vieler Krankheiten angesehen, ist das Gebiet eine Modeerscheinung?

MOH: Das Thema Entzündungen begleitet und begeistert mich seit meiner Postdoc-Zeit 1999. Meine Gruppe arbeitet in der Grundlagenforschung: Wir wollen die grundsätzlichen Mechanismen von Entzündungen auf der Basis der Zelle verstehen. Wie und mit Hilfe welcher Signalstoffe werden die Entzündungsprozesse in Gang gesetzt und reguliert? Die akute Entzündung ist ja ein absolut wichtiger und notwendiger Schritt im Heilungsprozess. Bei chronischen Entzündungsprozessen verhindern diese allerdings die Regenration von Geweben.

Ihr Institut ist neuerdings ein Doppelinstitut von Vetsuisse und MNF. Weshalb?

MOH: Von meinem Forschungsgebieten und dem der andern Gruppen am Institut stehen wir mit unseren Projekten ganz klar an der Schnittstelle zwischen verschiedenen Fachgebieten. Nachhaltige interdisziplinäre Ansätze und fächerübergreifende Arbeiten brauchen einen institutionellen Boden auf dem sie gedeihen können. Dieser wird durch den neuen Status als Doppelinstitut sichtbar gemacht. Als Grundlagenforscher ist mir zudem der translationale Charakter meiner Arbeit sehr wichtig: Den stellen wir am Institut z.B. mit dem Center of Applied Biotechnology and Molecular Medicine sicher. 

Nach Ihrem Postdoc in den USA sind Sie an die UZH zurückgekommen, wurden Professor und haben die Nachfolge von Ulrich Hübscher angetreten und sind jetzt Institutsdirektor. Ihr Werdegang sieht sehr «straight forward» aus. Hatten Sie immer, das Glück am richtigen Ort zur richtigen Zeit zu sein oder kennt Michael Hottiger auch Tiefpunkte?

MOH: Ich hatte tatsächlich in meiner Karriere stets das Glück zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und von verschiedenen Mentoren inklusiver meiner Frau grossartig unterstützt zu werden. Akademische Tiefpunkte habe ich eigentlich nicht erlebt. Allerdings gab es ein prägendes Erlebnis für mich in den frühen neunziger Jahren: Ich hatte - trotz vorschriftsmässigen Arbeitens - bei einem Projekt radioaktives Jod eingeatmet. Es war ein absolut schreckliches Gefühl, als ich den Geigerzähler an meine Schilddrüse hielt und realisierte, dass ich Strahlung aufgenommen hatte… Das Ganze ist glücklicherweise folgenlos geblieben. Aber damals machte ich mir grosse Sorgen.

Sie engagieren sich als Präsident beim Verein Forschung für Leben. Weshalb?

MOH: Als Grundlagenforscher können wir den Steuerzahlern selten ganz konkrete, unmittelbar anwendbare Resultate bieten. Dennoch ist die Grundlagenforschung der unabdingbare erste Schritt für die spätere translationale Anwendung von Wissen. Mit meinem Engagement bei Forschung für Leben möchte ich den Kontakt zur Bevölkerung suchen und Verständnis dafür schaffen, dass und weshalb die Grundlagenforschung auch auf Tierexperimente angewiesen ist. Ich möchte dabei deutlich machen, dass tierexperimentelle Forschung nicht nur dem Menschen, sondern auch den Tieren zugute kommt.

Was braucht es für eine akademische Karriere?

MOH: Es braucht ein innovatives Querdenkertum, d.h. die innere Freiheit, Bestehendes zu hinterfragen. In der Forschung ist der «instant reward» sehr selten – man muss also auch einen grossen Durchhaltewillen haben. Als eine wichtige Voraussetzung erachte ich zudem die intrinsische Motivation und Neugierde, Dinge verstehen zu wollen. Und schliesslich braucht es auch die Bereitschaft, sich auf einen internationalen Wettbewerb für eine Anstellung mit ungewissem Ausgang einzulassen. 

*Schweizerdeutsch für den spielerisch-forschenden Umgang mit Glasfläschchen, im Fall von Prof. Hottiger Laborgläsern und Reagenzien.


Interview Dr. Calista Fischer, Kommunikationsbeauftragte MNF der UZH


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